Nicht nur Sturm laufen, auch liefern
Die Klimajugend streikt weltweit seit rund einem Jahr regelmässig. Und zeigt, dass junges Engagement in unterschiedlichen Bereichen viel bewirken kann. Das zeigen auch die Portraits von Klimaaktivistin Leah Heuri und Physiker Jannis Fischer.
Junge Macher von heute: Sie sind gut informiert, engagieren sich und lassen Taten sprechen. Eine von ihnen ist Studentin Leah Heuri (19). Sie ist eine der zahlreichen Klimastreikerinnen und -streiker. Regelmässig nimmt sie an Demonstrationen und Anlässen des Klimastreiks teil, organisiert Treffen und kümmert sich um die Social-Media-Aktivitäten der Streikenden aus Zürich. Ihr Einsatz für den Planeten begann aber schon früher.
Auch Physiker Jannis Fischer (31) von der ETH packt eine grosse Herausforderung an: Er entwickelt einen Gehirnscanner, mit dem man das Risiko einer Demenzerkrankung bis zu zwanzig Jahre vor den ersten Symptomen einschätzen kann. Dafür nutzt der Scanner ein Verfahren aus der Krebsdiagnostik. Der Prototyp ist fertig gebaut, in rund zwei Jahren soll er marktreif sein.
Leah Heuri (19) – die Klimaaktivistin
Weltweit steigen die Temperaturen. Grund dafür sind vor allem von Menschen verursachte Treibhausgase. Die Folgen: Das Eis an den Polkappen schmilzt, Küstengebiete werden überschwemmt, andernorts herrscht Dürre, extreme Wetterereignisse nehmen zu. «Es ist dringend, es ist wichtig und es ist unsere letzte Chance», sagt Leah Heuri dazu. Sie engagiert sich im Rahmen von Klimastreik Schweiz fürs Klima. Die junge Aktivistin setzte sich aber schon vor Greta Thunberg und der Klimajugend-Bewegung für die Erde ein. «Ich weigerte mich, bei meinen Eltern im Auto mitzufahren, ich ernährte mich vegan und war in unterschiedlichen Arbeitsgruppen dabei.» Im November 2018 nahm sie dann an der grossen Klimademo in Bern teil und organisierte anschliessend gemeinsam mit anderen Jugendlichen den ersten grossen Klimastreik in Zürich. «Das war der Anfang. Seither bin ich Teil des Klimastreiks» Sie kümmert sich vor allem um die Social-Media-Aktivitäten der Organisation in Zürich und um die Websites.
Vorbild für Erwachsene sein
Für Leah Heuri ist klar: «Wir müssen etwas tun, Wissen vermitteln und Vorbilder sein.» Verkehrte Welt, in der Jugendliche Vorbilder für Erwachsene sind? «Vielleicht», sagt die Geografie-Studentin, «aber ich sehe bei so vielen Menschen in meinem Umfeld, dass sie umdenken – sich vegetarisch ernähren, mit dem ÖV statt mit dem Auto unterwegs sind oder nicht mehr fliegen. Und wenn ich jemanden inspirieren kann, inspiriert diese Person wieder jemanden und so kommen wir voran.» Auch Leah Heuri ist seit ihrem Engagement beim Klimastreik strikter geworden: Sie kauft keine neuen Kleider mehr, konsumiert nur lokal produzierte Lebensmittel und hat ihre erste eigene Wohnung komplett mit Secondhand-Möbeln eingerichtet.
Streik als einzige Möglichkeit
Die Ziele der Klimajugend sind klar: Nationalen Klimanotstand ausrufen, Netto 0 Treibhausgasemissionen bis 2030 und Klimagerechtigkeit. Dabei sei vor allem die Politik gefragt. Leah Heuri kann vom Stimm- und Wahlrecht Gebrauch machen. Viele andere sind dafür aber zu jung. Deshalb engagieren sie sich mit Streiks und Demonstrationen. Diese sollen aber friedlich verlaufen. Leah Heuri: «Es ist uns allen klar, dass wir mit Gewalt nicht weiterkommen.» Und so will sie auch weitermachen: Friedlich aber bestimmt für eine bessere Welt.
Jannis Fischer (31) – der Physiker
Jährlich erkranken rund 30 000 Personen in der Schweiz an Demenz. Aufgrund der demografischen Entwicklung steigt die Zahl weiter an – und zwar weltweit. Eine Früherkennung wäre zwar möglich, doch ist sie derzeit viel zu teuer. Zudem gibt es noch keine Medikamente gegen die Krankheit. «Unser Prototyp ist kleiner und rund zehnmal günstiger als vergleichbare Geräte auf dem Markt», sagt der Physiker Jannis Fischer. Mit seinem Start-up Positrigo, einem ETH-Spin-off, entwickelt er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Max Ahnen einen Gehirnscanner zur Früherkennung eines Demenzrisikos. Bis zu zwanzig Jahre vor den ersten Symptomen erkennt man damit bestimmte Biomarker im Gehirn, die auf das Risiko einer künftigen Demenzerkrankung schliessen lassen. Die Idee dazu entsprang einer Zusammenarbeit der ETH mit Biologen und Ärzten der Universität und dem Universitätsspital Zürich. Jannis Fischer kennt die Krankheit gut: «Ich habe während des Zivildiensts ein Jahr lang auf einer Demenzstation gearbeitet. Zudem erkrankte auch meine Urgrossmutter an Demenz.» Er wisse deshalb, wie belastend diese Krankheit für Betroffene und Angehörige sein könne. «Das motiviert mich, etwas dagegen zu tun.»
Wie beim Coiffeur
Der Scanner nutzt ein Verfahren, das heute vor allem bei der Krebsdiagnostik zum Einsatz kommt. Dem Patienten wird eine leicht radioaktive Substanz in die Blutbahnen gespritzt. Diese reichert sich im Gewebe an. Danach setzt er sich unter den Scanner, der den Kopf umschliesst – ähnlich wie die Trocknungshaube beim Coiffeur. Während etwa einer Viertelstunde wertet das Gerät die Informationen der radioaktiven Substanz aus und fügt diese zu einem Bild zusammen, aus dem sich das Demenzrisiko ablesen lässt.
Marktreif in zwei Jahren
Die Biomarker im Gehirn kann man erst seit einigen Jahren im lebenden Menschen messen. Derzeit planen Fischer und Ahnen Tests ihres Prototypen am Patienten. Im Jahr 2022 soll das Gerät dann auf den Markt kommen – zeitnah zu den ersten Medikamenten gegen Demenz.
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